Precht, Das Ende des Westens. Die Weltordnung der Zukunft

Sendezeit: 23:45 - 00:30, 30.03.2025
Genre: Gespräch
  • Untertitel für die Sendung verfügbar
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  • Gaeste: Ivan Krastev
  • Moderator: Richard David Precht
Deutschland (2025) Die Vereinigten Staaten und Europa sind keine Wertegemeinschaft mehr. Wie muss sich Europa aufstellen? Darüber diskutiert Richard David Precht mit dem bulgarischen Politologen Ivan Krastev.
Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA markiert das Ende des politischen Westens, wie wir ihn kannten. Europa muss seinen Platz in einer multipolaren Weltordnung neu finden, um ein selbstbewusster und ernst zu nehmender politischer Pol zu werden.
Wir erleben nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 nun einen ähnlich gravierenden historischen Umbruch, ausgelöst durch den radikalen Umbau Amerikas, mit welchem US-Präsident Trump gerade erst begonnen hat.
Ein besonders Symptom weltpolitischer Umbrüche sei, so Ivan Krastev, das Zustandekommen von zuvor unvorstellbaren Bündnissen. Trump zeigt sich Putin gegenüber respektvoller als gegenüber der EU, dem treu ergebenen Bündnispartner der vergangenen 70 Jahre. Nichts scheint mehr unmöglich. Mit erschreckender Geschwindigkeit ändern sich die geopolitischen Verhältnisse. Permanente gesellschaftliche Transformationsprozesse nehmen den Menschen das Gefühl der Sicherheit und Verlässlichkeit.
Die Weltpolitik der Hegemonialmächte scheint ihre Maske fallen zu lassen. Nationale Interessen werden nicht mehr hinter regelbasierter Diplomatie versteckt. Eine ungeniert kapitalistische Politik bricht sich Bahn, in der plötzlich Territorien beansprucht, Allianzen gebrochen, Märkte abgeschottet, die Gewaltenteilung ignoriert, soziale Sicherheit untergraben und die Einwanderung gestoppt werden. Trump will die USA zu einem profitablen Unternehmen umbauen, in dem man Kanada oder Grönland nicht mehr als Nachbarn betrachtet, sondern als käufliche Immobilie. Aber auch in der Stabilität des einstigen Vasallen Europa sieht man zukünftig keinen ausreichenden Gewinn mehr.
Unverhofft steht unser ehrwürdiges Europa mit seinen Werten und Ideologien wie ein veraltetes Gebäude zwischen rasant wachsenden Wolkenkratzern, die weder Genehmigungen noch demokratisch gefasste Pläne respektieren.
Diese "kapitalistische Diplomatie" kennt keine Werte mehr, sondern Geldwerte. Ist das das Ende der modernen Zivilisation, wie wir sie kannten? Ein temporärer Rückschritt auf dem Weg in eine moderne Gesellschaft des 21. Jahrhunderts? Oder mutmaßlich eine neue Phase, mithin die Zukunft, auf die wir uns dauerhaft einstellen müssen?

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